Mitfühlen statt mitleiden

 

 

Dienst in der Hospizgruppe erfordert Nachdenken über sich selbst und eine Ausbildung.

 

BAD SCHWALBACH (tst).

 

Jutta Janisch„Wir lachen auch“, beteuert Merrit Gerbig, und das wirkt glaubhaft, als sich ein Teil der Hospizgruppe in der Kreuzkirche der Bad Schwalbacher Baptistengemeinde trifft. Dort gibt es monatliche interne Treffen, um sich gegenseitig zu informieren. Der Teamgedanke ist schließlich wichtig bei der ehrenamtlichen Begleitung Schwerstkranker und Sterbender.


Eine innere Trauermine ist dagegen nicht gefragt. Geduld haben, auf Menschen eingehen und über das eigene Leben und Sterben reflektieren zu können, sind hingegen relevante Aspekte, erklärt die Gruppe, zu der an diesem Abend die Einsatzleiterin Gerlinde Losert, ihre Stellvertreterin Sieglinde Schulz, Merrit Gerbig, Jutta Janisch, Anne Ullmann, Marion Spamer und Ute Kniersch gehören.


„Man muss sich über sich selbst sehr klar sein“, betont Schulz. „Seelisch ausgeglichen und mit sich selbst im Reinen“, so definiert Spamer die persönlichen Voraussetzungen, um anderen helfen zu können. Manche der Hospizhelferinnen beziehen aus ihrem christlichen Weltverständnis ihre Motivation: „Ohne den Glauben wäre das für mich unmöglich“, stellt Sieglinde Schulz fest.


„Dank für eigenes Glück“, zum Beispiel bei der Geburt der Kinder, gibt Ullmann als einen Grund an, „etwas zurückgeben zu wollen“ durch einen schwierigen Dienst für andere. Der Charakterfrage, dies leisten zu können, schließt sich eine Ausbildung an. Über ein Jahr lang haben die Helferinnen dazu Wochenenden im ehemaligen Tiefenthal verbracht, Verpflegung und Übernachtung inklusive.


Sieglinde SchulzKniersch findet es im Rückblick gut, dass die Teilnehmenden von Freitagnachmittag bis Sonntagnachmittag zurückgezogen lernten. Medizinische Dinge zählen nicht zur Ausbildung. Pflege spielt in gewissem Umfang eine Rolle, beispielsweise wenn es um die Mundhygiene geht oder einfache Handgriffe beim Lagern einer Person sowie das Anreichen von Getränken für einen Todkranken.


Großen Raum nehmen Entspannungstechniken ein. Die Hand zu halten, ist eine höchst zwischenmenschliche Form dabei. Doch nicht nur die Patienten sind zu betreuen: „Was bedrückt die Angehörigen?“ ist eine Frage, die sich immer wieder stellt. So sind die Begleiterinnen, sitzend an einem Bett, oft mit Verwandten konfrontiert, die „nicht loslassen wollen“. Der Kranke sterbe dann oft in einem Moment, in dem eher zufällig niemand im Zimmer sei – eine Art „Davonschleichen“.


In diesen seelisch anstrengenden Situationen wollen die Hospizhelferinnen „Ruhe einbringen“, einen würdigen Abschied verschaffen und etwa darauf achten, dass nicht über den Kranken hinweg gesprochen wird. Mit Sitzwachen möchten sie die Angst vor der Nacht nehmen. Oft werden ihnen in den letzten Stunden Kriegserfahrungen geschildert und ein vermeintlich „schlechtes Gewissen“ erleichtert.


Dem allen stellen sich Frauen, die von Altenpflegerin und Krankenschwester bis zu Sprachlehrerin und Verwaltungsangestellter unterschiedlichste berufliche Hintergründe mitbringen. Nur ein Mann hat seit 1999 übrigens mal der Hospizgruppe angehört. Ausflüge, Klausuren und Supervisionen sollen dazu dienen, dass keine an der Aufgabe zerbricht: „Mitfühlen, nicht mitleiden“, ist der Leitsatz dazu.

  

BUZ: Porträts der Hospizhelferinnen Jutta Janisch und Sieglinde Schulz (zugleich stellvertretende Einsatzeleiterin).

 

Fotos: Thorsten Stötzer

 


 

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